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U-Topos und Bewegung

Matze Schmidt und Copyright
Die schillerndste Identifikationsmetapher der Sub-, Indie- und Jugendkulturen propagiert den Unter-Grund, das Territorium des aktionistischen Rückzugs, den Raum unter dem Grund der Geregeltmäßigkeit, den anderen Grund (und Boden), ein leerstehendes Haus, ein unentdeckter Stil, ein ästhetisches terra incognita (-->Terratektur), das besetzt werden müsse, weil es noch frei sei und unkontrolliert, weil man der Kultur als versiegelte Landschaft ,so wie sie ist` ausweichen müsse. avoid, das Ausweichen und a void, die Lücke - Bewegung und Alternative, können als die beiden wichtigsten Parameter einer subversiven Dissidenz als Kulturtechnik gelten (-->John Miller. "Den Untergrund begraben". Im Zentrum der Peripherie. Dresden: Verlag der Kunst, 1995. 104 -->Theo Altenberg und Paolo Bianchi. "Situationistische Transglobale". Kunstforum International - Cool Club Cultures. Bd. 135. Oktober 96 - Januar 1997.). Eine vertikale Ab-Bewegung unter jene Fläche, auf dem die durchfunktionalisierte Normalität des "bürgerlichen Kulturbetriebs" läuft - darunter, 'auf der differenten Basis ("an der Basis") kann es keine Nation geben, keine Abhängigkeit, keine Entfremdung, keine Falschheit' usw. Und wenn die Lexikonartikel stimmen, dann wird Protest immer von unten kommen aber/und öffentlich - gegenöffentlich. Underground als "kulturelles Muster" von etwas, das

"(...)Kulturhoheit(...)"

(Siegmar Mosdorf [SPD, Vorsitzender der Enquete-Kommission des Bundestages "Zukunft der Medien in Wirtschaft und Gesellschaft - Deutschlands Weg in die Informations-gesellschaft"]. FR, 10. Mai 1997.)

attackiert, projektiv.
Der Schieberbandenchef und Menschenvergifter Harry Lime, verdient sein Geld mit dem Verkauf gestohlener und bis zur tödlichen Unnützlichkeit pervertierter Güter, mit der radikal-radikalen Befolgung kapitalistischer Marktgesetze also. Ein antisoziales Subjekt. In Der Dritte Mann versucht er seinen Freund Holly Martins für den kriminellen Untergrund zu gewinnen, vergebens. Gehetzt nutzt er die Kloaken Wiens als Fluchtweg vor der Polizei und der Gewißheit seiner amoralischen Handlung. Die Abwässerkanaltunnel des Films sind unbewohnt, unkultiviert, aber notwendig, sie sind das verdrängte Unterbewußte des Wiederaufbaus in der Nachkriegsgesellschaft. Der obdachlose Psychopath Perry schmückt in Der König der Fischer einen Kellerraum zur Ich-Höhle aus, wo er nach dem Trauma und Schock des gewaltsamen Verlusts seiner Geliebten seinem paranoischen Schuldgefühl eine masochistische Existenz verleihen kann. Er ist der typisch dreckige, unproduktive Verrückte, er gehört zum berühmten Abschaum und er repräsentiert für jeden Normalbürger die Gefahr, daß es ihm ebenso ergehen kann. So etwa könnte es in den psychoanalytischen Drehbüchern stehen. Was der Normalbürger aber im Underground des schützend dunklen Kinosaals sieht ist der Film des Undergrounds, was er bekommt ist die Story, daß da Substrukturen sind. Die emotionale Bewegtheit aus der "Schönheit der Tunnel" (ein Obdachloser zit. in Jennifer Toth. Tunnel-Menschen. Berlin: Ch. Links Verlag, 1994. 130), die in ihrer Vakanz die neue Lebenschance oder die permanente Flucht verheißen. Die Tunnel erfüllen die Projektion einer chaotischen Sensibilität, welche als Fehlbedarf vom bürokratisierten Ego-Individuum Kinobesucher angemeldet wird - die Suche nach Verrückung, nach unkontrolliert gestalterischem Freiraum, in dem Asozialsein zum Antisozialsein stilisiert werden kann. Vom Perry zum Lime, der wie Perry aussieht. In den nichtfilmischen Tunneln gehört Planung zum physisch-psychischen Überleben (Toth 121). Die temporäre Chaotisierung kultureller Verhältnisse aus vermeintlicher Abgesichertheit heraus, um diese zu überhöhen, ist keine Frage des Überlebens sondern des Erlebens, eine existentielle Frage. ?: Underground, frei, oder unfrei gewählte Dislokation, per se die Kehrseite, Autarkie in der selbstgewählten Familie in heimeliger Umnachtung, Selbstbefreiung im Schatten. Sein Hauptgegenattribut ist das Licht i. Ggs. zum Overground, dessen Hauptgegenattribut das Dunkel ist. Die Besetzung des Tunnels in Erwägung, daß er jetzt als geile Location in die Partyplanung paßt, ist lustbesetzte Relokation, die wiederholte Platzbestimmung, die Konstituierung von Raumbedarf. Harry Lime wird von seinem besten Freund verraten und in auswegloser Situation erschossen, Perry lernt, die Halluzinationen zu bekämpfen und überlebt, geliebt von neugefundenen 'normalen' Freunden, die er mit Verrücktheiten missioniert. Beide kehren nicht mehr in den Untergrund zurück.
Der Overground (Obergrund) produziert den Underground (Untergrund), das Imperium Romanum die frühchristlichen Gemeinden in den Katakomben, die Diktatur die Résistance, die kapitalistische Gesellschaft die kriminelle Unterwelt, die Kulturindustrie den Indipendent, der Mainstream die Avantgarde, High produziert Low, die Trivialkltur die Moderne, das Unbewußte das Bewußte.
Hardliner wie Horst Teltschik (Vorstandsmitglied der BMW AG) sprechen vom "multipolaren System", das sich seit dem Ende der Bipolarität und dem Aufkommen weltweiter informationeller Telekommunikationsnetze gebildet habe, und sie sprechen, den ehemaligen USamerikanischen Präsidenten Bush zitierend, von der deswegen notwendig gewordenen "Neuen Weltordnung" (HR1. "Globalisierung der Wirtschaft - Provinzialisierung der Politik?" Politik im Gespräch. Radiosendung. 18.5.1997.). Ökonomischer und politischer Unsicherheit wird mit dem visionären Schlagwort der "Einen Welt" begegnet, die dann entsprechend neu zu systematisieren und zu prosperieren sei.

"Wie der Underground funktioniert, (...)."

(-->Buchrücken von Olivia Henkel und Karsten Wolff. Berlin Underground: Techno und HipHop - zwischen Ausverkauf und Mythos. Berlin (?): FAB Verlag, 1996.)

"Underground" positioniert sich in der Diversifizierung und Opposition, in der Ab- und Umgekehrtheit einer eigenen kleinen (?) avantgardistischen Posse-Welt, im Spiegeln der geordneten Verhältnisse:


Obergrund

Untergrund


Der Querstrich markiert aber nicht nur die verzerrende Spiegelfläche - die Distortion der E-Gitarre - und die Scheidegrenze der Territorien, die innovativ überschritten wird - der Rave-Keller - , sondern auch den Bruch, das Teilungsverhältnis. In diesem Modell kann Obergrund nur oben sein weil es die funktionale Abhängigkeit vom Unten gibt, gebrochen werden kann festes Fundiertes nur durch solides, m.a.W. gebrochen werden kann die Ordnung nur durch eine sie akzeptierende Kraft (vgl. "Breaking the Law". Judas Priest, 1980.). Unter dem Strich garantiert ein Faktor diesen Bruch mit dem was oben zählt, er zerteilt als Nenner die Inhalte des Zählers und nimmt was für eine, die alte Ordnung (die immer eine neue will) abwechselnde neue Form noch brauchbar ist, gleichzeitig okkupiert er utopistisch einen Ort (vgl. dazu den illegalen Berliner Kellerclub "UFO" 1988/89/91).


a

b


Was aber wenn b = a ist? Scheinbruch. Was, wenn das Reservat da unten sich mit den Kategorien einer Subkulturindustrie, als Minderheitenmainstream beschreiben läßt? Wenn Underground zum Warenzeichen wird.





Cover einer Compilation von Cookie Jar Records Ltd, 1993.


a symbolisierte immer die aalglatten Unternehmens-oberflächen der Majors, doch die fördern längst die willigen Minderheiten b als Investitionsobjekt zu Tage (-->Tom Holert/Mark Terkessidis. Mainstream der Minderheiten). Und das nicht erst seit heute - seit den 1950ern, als in den USA schwarze Musik mit weißer vermischt und qua Elvis und Radio verrock`n`rollt wurde, als Authentizität und Rebellion, das Anderssein kaufbar wurden. Das Freund-Feind-Schema vom Klassenkampf-erprobten Oben-und-Unten wird von allen Seiten medienpropagandistisch aufrechterhalten und funktioniert massenkultur-produkttechnisch über die Ästhetisierung eines Mythos jugendlicher ,Revolution von unten` und einer immer wieder neu zu codierenden Differenzhaltung, nicht zuletzt über die Fetischobjekte aus den Kaufhausabteilungen. Kurt Cobains Foto als Schlüsselanhänger (Karstadt, 1997). Faktisch meint man, dieses Modell sei abgelöst vom »Bergwerk Pop«, alles kommt irgendwie nach oben, läßt sich kommerzialisiert der Masse übergeben, wie z.B. in der Dokumentation "Fanzines, Underground und Szene-Magazine" der KRAUTS PR in München, wo von einem "wichtiger werdenden Markt der Szene- und Untergrundpresse" gesprochen wird. Allerdings existiert kein Berg, keine Tiefe mehr in die gegraben wird, es gibt nur den wachsenden Berg aus Medien und Datenträgern, die auf kulturelle Gruppierungen verweisen, und es existiert auch keine Mine, die der Ideenreichtum , das sog. "kreative Potential" des definierten Underground wäre, und der Spaß und die konsensuelle Party sind nicht dessen Ausbeute. b ist nicht Stütze von a !, es verhält sich auch nicht umgekehrt, der Dualismus ist beendet. Wenn überhaupt, dann brächte Untergrundkultur Massenkultur mit hervor und diese wieder den Underground und diese wieder... "Ein großer Teil des kreativen Potentials fließt (...) in die Versteckarbeit, in das Erdenken von Ausweichtechniken (...) gesellschaftlich Unvereinnehmbarem" (Westbam. "Die ravende Gesellschaft". Mix, Cuts & Scratches. Berlin: Merve, 1997. 116). Das Un(ver)einnehmbare (die Szene/die Szenen) wird bald zur Einnahmequelle, auch wenn der "Anschein einer etablierten, insbesondere kommerziellen Kultureinrichtung" vermieden werden soll. Cool Jazz wird mit Breakbeat vermischt wiedergeboren ("Rebirth of Cool"), Meister Proper™ auf T-Shirts ironisiert nicht nur den werbestrategisch konstruierten Kult um eine Personifizierung deutscher Reinlichkeit, es wird damit auch sein altes Image reanimiert, so daß die Figur wieder in Werbespots auftreten kann; Sportanzugjacken mit zwei Streifen an den Körpern der Clubgänger verballhornen nicht nur die abgelegte Billigmarke der Eltern und die Ideologie vom Markenbewußtsein, sie reanimieren auch die etablierte Textilindustrie, die nun ihre schlechtere Hälfte der letzten 20 Jahre reproduziert, während die bessere und teurere Hälfte aus dieser Zeit (Adidas), zunächst out, aber, weil mittlerweile auch abgelegt, ebenfalls zur chicken Bad-Taste-Marke wird; Die neo-zapatistischen Rebellen Mexikos tragen die klassische Zorromäßige Maske des sich im Widerstandsrecht befindlichen Outlaws (Halstücher, Skimasken), sie treten in Zeitungen, selbstproduzierten Videos, im Internet (http://www.peak.org/" [?] justin/ezin/MARCOS.html, Mail to: justin@peak.org), auf Merchandisingartikeln und als Spielzeugpuppen auf, von ihren Anhängern kultisch verehrt; Mike Banks von Underground Resistance wird zur selben Zeit im arte-Musikspecial mit schwarzer Motorradfahrermaske interviewt; Ice-T besingt die "Skimask" als Kriegsbemalung des kriminellen Niggers (Body Count. "Cop Killer", 1995 [?].), zusammen reanimieren sie nicht nur die Zeichen des Provos, der illegalen Persona, des bewaffneten Kampfes, des anonymen aber uniformierten Widerstands, des Terrorismus, der illegalisierten Vermummung (im Autonomen Zentrum Bazille, Kassel hängt immernoch ein gesampletes Plakat mit dem Aufruf zur Vermummung), sie erweitern auch zur Neuinterpretation von Utopie, dem Nichtort (ou tópos) (vgl. Virilios "non-lieu").
§ Der Code des Nichtortes oszilliert zwischen ästhetischer und politischer Resistanz, die Stelle des kollektiven Mythos ist unauffindbar. An die seines Ursprungs, mensch könnte auch sagen seiner Urheberschaft, tritt nichts oder alle seine Teilnehmer, der Mythos ist dezentral überall, weil er überall
ent-wendet und ver-wendet (-->Détournement) werden kann, es wird ständig gewendet.
Die Rebellion gegen die Unterdrückung der Bevölkerung in Chiapas, Mexiko wird allerdings in physisch lokalisierbaren Auseinandersetzungen mit der Repressionsmacht, der Armee der mexikanischen Regierung kreiert, der Kampf aber wird manifestiert in den analogen und elektronischen Massen- und individuellen Kommunikationsmedien, über sie findet die Rebellion statt. Der utopische Nichtort, oder das "Nirgendwo", das sich hier andeutet, ist zum potentiellen »Überallort« geworden, das heißt zu einem Speicher multimedialer Daten, der nicht mehr auf eine Stadt, ein Land, einen umgrenzten Ort des Dialogs (oder wenigstens der Rede) beschränkt ist, sondern er ist zu einem ,Ort` geworden, der sich prozessual in viele Orte, also letztlich viele Speicher (Server, PCs, Datenträger etc.) zersplittert hat, die einen ständig bewegten Tausch von Texten, Bildern und Tönen aufrechterhalten ("Informationsfluß"), -->Point-to-Point-Struktur des Internets. Ein Space, der offensichtlich in allen Gesellschaften kulturtechnische Ausläufer und Feedbacks hat. Er ist bestimmt durch instantane, polylogische Produktion von Botschaften und Replys, durch Codierungen und Recodierungen, Zensur und Rezensur, durch Dynamik statt durch Struktur, vielleicht auch durch Entgrenzung, statt durch Definition (nicht zu verwechseln mit "Befreiung" oder "Freiheit"!). Das polare Muster von Wirklichkeit und wirklicher Wirklichkeit, von Öffentlichkeit und Gegenöffentlichkeit löst sich auf und synthetisiert sich um, in historisch, stilistisch, sozial übergreifende Umkehrprozesse von Umkehrprozessen. Die Kulturgeschichten sind dabei, möbiusbandartig geloopt, selbstreferentiell umgewälzt (revolutioniert) zu werden. Stichwort: Erscheinungswelt Die frühchristlichen Gemeinden produzieren das Imperium Romanum, die Résistance die Diktatur, der Indipendent die Kulturindustrie, die Avantgarde den Mainstream, Low produziert High, die Moderne die Trivialkltur, das Bewußte das Unbewußte, der Underground produziert den Overground den Underground. Sie alle produzieren ihre eigenen Abziehbilder, die zur Originalvorlage für Bewegungen werden.





Cover der selbstgebrannten CD von Trance Base, 1996. Auflage: geschätzte 500 Stück.

Es bleibt die Abweichung von der Norm als Norm und die Kritik dieser neuen Norm (-->"Spaßguerilla"), es bleibt der ,gute Name` Underground, der für sich selbst bürgt, er steht neben den anderen Labels der formellen Dissidenz: "Wildes Leben", "Linkssein", "Anti...", "Coolsein", "Verweigerung" etc., als Frage "des Lebensstils und der Politik des Alltagslebens" (Miller). Style und Anträge ausfüllen. Was wäre der Untergrund des Untergrunds? Was vermöchte sich zum Underground untergroundig verhalten? Eine Übersteigerung der topologischen Distanz? Ein Tiefer als Toths Tunnel-Menschen, bis zu 7 Ebenen unter der Erde, tiefer als die Obdachlosen unter New York, der Stadt zweier Urmythen des Pop-Untergrunds, Andy Warhol und Velvet Underground? Tiefer als die ,a`sozialen Absturzuntergründe in Frankfurt am Main und Berlin, jenseits von Ästhetisierung? Underground-Underground?

Die Totalverweigerung selbst versteckter und schwer zugänglicher Sensation und szenistisch überwachter Öffentlichkeit, die Verweigerung der Kommunikation, mediale Nichtexistenz, Karteileiche sein, Medienleiche sein, wie Karawahn auf seiner Postkarte "Einschalt-Tote" vorschlug. Die Antithese zum ontologischen Axiom der Existenz durch Kommunikation (Flusser, Luhmann).


!Nichts produzieren Nichts verkaufen! Nichts organisieren!


Die Rezeptions-Taktik der drei Affen (nichts hören, nichts sehen, nichts sagen) kann umgedreht werden. STOP! Jetzt erst das Handbuch der Kommunikationsguerilla lesen:

"ISBN 3-922611-64-8VLA ISBN 3-924737-38-X Schwarze Risse/Rote Strasse ca. 260 Seiten, Großformat, 29,80 DM / 27,50 sFr / 219 öS" (Broschüre vom Verlag Libertäre Assoziation (VLA), und Verlag Schwarze Risse - Rote Strasse)

In den Kommunen, die New York kopieren (gibt es einen ländlichen Underground?), existieren nicht nur Over - die mittelständische Ebene - und Under - die Ebene der "Verlierer" - sondern auch der »Superground«, diese Ebene der Indenhimmelbauenarchitektur der Wolkenkratzer, der Banken und Wall Street-Kultur, der High-Society, des High-Tech, die Ebene internationaler Verschwörungstheorien und transglobalistischer Wunschbegrifflichkeit - Superinformationhighway. Das Verbleiben im eindimensionalen Modell von Obergrund-Untergrund, eine Potenzierung des konstruierten Risses zwischen den postulierten Gebieten, die Ritualisierung dissidenter Produktivität, welche Wertigkeiten abseits des Ober- und Supergrundes aufmacht und dann letztlich doch deren Mechanismen aufgreift und reproduziert, bestätigte nur eine vertikale, nach Höhe gerichtete Zugkraft, sowie umgekehrt, das für ihr Funktionieren obligate Negativ, den Untergrund, die Fluchten der Vertikalität, demnach sich selbst.
Stichwort: Background/Hintergrund
Zwei Schreiber in einer Kleinstadt wollen einen Artikel über Underground verfassen. Nach Recherchen in Abwässerkanälen und im eigenen Keller, sie versuchen dort den Underground einzuatmen, stellen sie fest: Keine Ratten, kein übermäßiger Gestank, nicht mal ein Hauch echter Gefahr, und vor allem keine Tunnelbewohner.

"Durch die Form des Gedichts gilt es, der Sprache einen Grund zu verschaffen, (...)."
Yang Lian

Einen Text zu "Underground" schreiben, ohne auch nur einmal das Wort zu verwenden. Das Ungenannte würde ein Ausweichen vor der Etikettierung zur Folge haben, aber einen Platzhalter für sich selbst erforderlich machen, ein "Jehova" für die zu kritisierende Konzeptstrategie Underground. Eine Bestimmung wäre unvermeidlich, eine, die das, was sich als "`ohne Grund`" (Roland Barth zit. nach Rosalind Williams zit. in Miller 146) theoretisch beschreiben läßt, hält und dennoch offen läßt. Eine Brechung des Vokabulars. Jenseits des Modells der Brechung, der Substantivierung und des Labeling kann nur eine detailreiche Schreibperformanz das sprachliche Dilemma der Schematisierung verlassen, z.B. ein ständig revidierter Text, der das Prinzip der kohärenten und teleologischen Argumentations-folgen und Flexionen negiert, ein Text, der keine Gründe mehr feststellt, der immanent ambivalent wird, nicht 'ist'. Ein Hypertext? Eine multiauktoriale Improvisation.




Jetzt die Geste hochgelegter Füße vor dem Fernsehschirm, oder die Geste der Hände, die unter dem Gitter nach oben zu Frauenbeinen in Damenstrumpfhosen und Pumps greifen?
Das Modell der Ebenen
und der Verortung verlassen, eventuell auch das der Plateaus (Deleuze), eher noch von einem Niveau zum anderen springen, wie Super Mario in "Donkey Kong", versionistische BeWEGUNG (avoid) statt Füllung der Leere, statt subversive Besetzung der Lücke (void), der Nische im großen Normalsystem, statt Positionierung in der Peripherie dieses Systems unter Bildung eines Subsystems, weil erklärte Randpositionen, wie ideologiekritisch auch immer, stets ihr eigenes Systemzentrum bilden und sich zwangsläufig etablieren (abgrenzen) müssen und daher ihre eigene Mode werden oder sich in das schon etablierte Archiv der Positionen einschreiben und es so erneuern!
(-->Hans Dieter Huber. "SNAFU (SYSTEM NORMAL ALL FOULED UP): Eine Kritik der systemischen Vernunft". SURFING SYSTEMS:Die Gunst der 90er - Positionen zeitgenössicher Art. Bernhard Balkenhol und Holger Kube Ventura (Hg.). Basel; Frankfurt am Main: Stroemfeld, 1996.) Was könnte eine Metakonzeption von Un(d)tergr(o)und, von Grund sein? Garkeine.
Let`s go NOGROUND!